Projektergebnisse

Qualitätsprognose geometrischer Merkmale durch virtuellen Zusammenbau mit realen Messdaten (GeoFit)

Ausgangssituation

Optische 3D-Messverfahren wie die Streifenprojektion erlauben zunehmend dichte Messpunktewolken von Bauteilen mit hoher Genauigkeit zu erfassen. Das Paradigma spärlicher Messpunktewolken aus der Zeit überwiegend taktiler Messungen wird zunehmend aufgelöst. Taktile Messungen erforderten lange Messzeiten, da Messpunkte einzeln oder im Scanmodus entlang einer Scanningbahn angetastet werden mussten.

Geometrische Abweichungen von Bauteilen sind besonders im Zusammenbau mehrerer Bauteile von großer Relevanz. Die Abweichungen akkumulieren sich zu großen Beträgen, die dazu führen können, dass die Funktion des Zusammenbaus nicht oder nur eingeschränkt erfüllt wird. Methoden zur sogenannten Bezugsbildung erlauben, die Messdaten mehrerer Bauteile zueinander zu referenzieren, um geometrische Eigenschaften des Zusammenbaus zu ermitteln.

Das Defizit bestehender Ansätze besteht darin, dass hierbei keine Formabweichungen der Bauteile berücksichtigt werden. Formabweichungen umfassen Welligkeit und Rauheit, die lokal variieren. Moderne 3D-Messverfahren erlauben nun jedoch, diese Informationen zu ermitteln. Somit besteht die Möglichkeit, diese zusätzlichen Informationen zu nutzen, um die Genauigkeit von Aussagen über den Zusammenbau zu verbessern.

 

Ziele des Projekts

Für die Bezugsbildung unter Berücksichtigung lokaler Formabweichungen, die mittels dichter, genauer Messdaten repräsentiert werden, soll ein geeignetes Verfahren entwickelt werden. Im Kontext des Projekts wird das Verfahren als "virtueller Zusammenbau" bezeichnet. Hierzu müssen zunächst die Einflussgrößen des korrespondierenden, physikalischen Fügeprozesses systematisiert und berücksichtigt werden. Bestehende Ansätze im Stand der Technik zeigen auf, dass Messunsicherheiten durch Anwendung dieser Ansätze relativ stark zunehmen, da Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit relativ gering sind, verglichen mit konventionellen Registrierungsverfahren wie dem "Best Fit", der Einpassung nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate. Durch eine systematische Vorgehensweise soll ein robuster Algorithmus identifiziert werden, der Lösungen für gängige Montageprobleme bietet.

 

Projektergebnisse

GeoFit-Software

Die im Projekt entwickelte GeoFitSoftware ermöglicht den "virtuellen Zusammenbau" vermessener Bauteile. Bei Vorhandensein mehrerer Bauteile wird die die Kombination hinsichtlich einer Abstandsminimierung der Bauteile optimiert. In Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz wurde als Beispiel der "virtuelle Zusammenbau" und das anschließende Finden einer optimalen Bauteilpaarung von mit einem CT vermessenen Bauteilen eines Stirling-Motors erarbeitet. Die 3D-Punktwolken des inneren Zylinders werden virtuell in den äußeren Zylinder einpasst. Die optimale Paarung von je vier inneren und äußeren Zylindern ist in Abbildung unten dargestellt. Solange die jeweiligen Oberflächen adäquat aufgenommen wurden, spielt es keine Rolle, mit welcher Technologie (Streifenprojektion, Lasertriangulation, Computer Tomografie) die 3D-Daten erhoben wurden. Auch ist mit der GeoFit-Software das Fügen aller 3D-Fügegeometrien möglich. Für jede neue zu fügende Baugruppe müssen lediglich die Kontaktflächen der Bauteile definiert werden.

Teile eines Stirling-Motormodells (Foto oben) können in der GeoFit-Software beispielhaft virtuell zusammengesetzt werden. Nachdem die Bauteile einzeln mit dem Computertomografen gescannt wurden (unten links), kann mittels der resultierenden Punktwolken der virtuelle Zusammenbau erfolgen (unten rechts).
Die Oberfläche der GeoFit-Software ermöglicht die Auswahl des Bauteils sowie die gewünschte Toleranz des Zusammenbaus. Es kann der komplette virtuelle Zusammenbau einschließlich Datenaufnahme oder einzelne Prozessschritten gewählt werden.
Beim Beispiel des virtuellen Zusammenbaus vier verschiedener 3D-Druck-Zylinder sind maximal drei Kombinationen unter Einhaltung des gewählten Toleranzschwellwerts möglich.

 

GeoFit-Demonstrator

Für die praktische Demonstration der Anwendung wurde eine Roboterzelle mit einem ABB IRB140 Roboter und einem Gocator 3210 Streifenprojektionssensor eingerichtet. Der oben beschriebene GeoFit-Software ist im GeoFit-Demonstrator um das automatische Scannen verschiedener Baugruppen ergänzt und bildet somit den kompletten Ablauf der Datenerfassung und des "virtuellen Zusammenbaus" ab. Der Geofit-Demonstrator mit Roboterarm und 3D-Sensor ist für verschiedene zu fügende Baugruppen erweiterbar, was neben der Definition der jeweiligen Kontaktflächen lediglich das Teachen geeigneter Messpositionen erfordert. Darüber hinaus kann die GeoFit-Software auch für alle denkbaren Hardware-Kombinationen aus Aktuator und Sensor angepasst und eingesetzt werden.

Mittels des ABB IRB140 Roboterarms wird der Gocator 3210 3D-Sensor an die Messposen über den Baugruppenelementen bewegt und jeweils eine hochaufgelöste Punktwolke aufgenommen. Mit der GeoFit-Software wird die Paarbildung dahingehend optimiert, dass Toleranzen beim Zusammenbau minimiert werden.

 

Nutzen für Unternehmen

Durch die genauere Kenntnis des geometrischen Systems eines individuellen Zusammenbaus bietet sich die Möglichkeit, diesen Mehrgewinn an Information in allen Phasen des Produktlebenszyklus gewinnbringend zu nutzen. So können perspektivisch die realen, geometrischen Eigenschaften des Zusammenbaus dazu genutzt werden, um Lebensdauer, Ausfallraten, Performance und weitere Kenngrößen abzuleiten. In der Konstruktionsphase dient der virtuelle Zusammenbau, der ohne den physikalischen Zusammenbau der Komponenten auskommt und somit mit erheblichem Zeitvorteil und ohne eine aufwändige Herstellung eines Prototypen generiert werden kann, der Ermittlung kritischer geometrischer Merkmale. In den Produktionsphasen kann eine Rückkopplung des virtuellen Zusammenbaus auf den realen Prozess dazu dienen, Qualitätseigenschaften vor dem eigentlichen, physikalischen Zusammenbau zu optimieren. So können Komponenten während Fertigung oder Montage adaptiv angepasst werden oder geeignete Komponenten für einen Zusammenbau aus einem Pool an Bauteilen identifiziert werden, für die die Qualität des individuellen Zusammenbaus maximiert wird.

Insbesondere der Nutzen der Auslesepaarung auf Basis des vorab digital ermittelten, virtuellen Zusammenbaus wird durch die GeoFit-Software und den GeoFit-Demonstrator aufgezeigt.